Die Kunst der Māori
Da die Māori bis zur Ankunft der Europäer keine Schrift
kannten und ihr Wissen nur mündlich weitergaben, hat die Kunst einen besonders
hohen Stellenwert. Sowohl die Tänze und Gesänge, als auch das Kunsthandwerk
dienten der Weitergabe der alten Lieder, Legenden und Geschichte eines Stammes.
Der Haka
Der traditionelle Kriegstanz der Māori ist der haka,
der nicht zuletzt durch das Rugby-Team “All Blacks” weltweite Berühmtheit
erlangte. Die Spieler führen vor jedem Spiel einen Haka auf, um sich
einzustimmen und den Gegner einzuschüchtern. Er wurde früher sowohl auf dem
Schlachtfeld, als auch bei friedlichen Zusammenkünften gezeigt.
Vornehmlich besteht er aus Gesängen, Handbewegungen,
Klatschen und Aufstampfen, teilweise unter Verwendung von Waffen, wie den taiaha
oder den patu. Mit einem Haka zeigt ein Stamm seine Kraft und seinen
Stolz.
Heute kann man den Haka sowohl bei sportlichen Events
erleben, als auch auf Māori-Veranstaltungen, bei Zeremonien und Feiern.
Bild: Haka der New Zealand Defence Force (Autor: NZDF CC BY 2.0)
Kapa Haka
Bei einem kapa haka, einer Darstellung von Māori-Kunst,
werden Hakas und Gesänge auf einem marae, bei Festivals oder in Schulen
aufgeführt.
Zu einer Kapa Haka-Aufführung gehören: waiata tira (Aufwärmlied
der Gruppe), whakaeke (Eingangslied, dient der Vorstellung der Gruppe
oder eines Themas), moteatea (langsame Lieder, meist über Legenden), waiata-a-ringa
(Lied mit umfangreichen Bewegungen, Betonung liegt auf Händen, Füßen und
Gesicht), poi (ein runder Ball an einer Schnur, ein Poi, wird bei einem
Tanz verwendet, sehr elegant, meist ein Frauentanz), haka (Kriegstanz), manukura
wahine / manukura tane (die Anführer der Männer und Frauen müssen sich
präsentieren) und whakawatea (Schlusslied der Gruppe).
Bei allen Kapa Haka-Vorführungen und speziell den
Wettbewerben kommt es auf die Kleidung und Tätowierungen (teilweise nur
aufgemalt) der Gruppenmitglieder an, sowie die richtige Aussprache von Te Reo
Maori.
Die Landesmeisterschaft für Kapa Haka ist das Te Matatini
National Festival, das alle zwei Jahre in einer anderen Region stattfindet.
Raranga - Die Webkunst
Neuseeländischer Flachs, harakeke, wird noch heute zu
kunstvollen Objekten und Kleidungsstücken verwoben: Umhänge, Körbe und Matten
sind nur einige Beispiele. Es ist ein typischer Frauenberuf und in der
Gesellschaft der Māori hoch angesehen.
Es handelt sich um reine Handarbeit und zur Färbung der
dabei entstehenden Stoffe werden natürliche Farben verwendet. Sehen kann man die Webkunst meist bei einem der Festivals
und Kulturvorstellungen, sowie bei touristischen Veranstaltungen der diversen marae.
Bild: Webschule in Wakarewarewa, Rotorua (Autor: Andy king50 CC BY-SA 3.0)
Whakairo – Die Schnitzkunst
Die Kunst des Schnitzens gehört zum traditionellen Handwerk
der Māori und wird noch heute auf althergebrachte Weise ausgeführt. Es werden
sowohl Holz, als auch Stein auf diese Art bearbeitet. Die in den Mustern
entstehenden Formen erzählen Geschichten und halten so das kulturelle Erbe der
Māori am Leben. Die Schnitzkunst ist ein Männerberuf und hergestellt werden Waffen,
Schmuck, Werkzeuge, Musikinstrumente, Kanus und dekorative Elemente für die
Gebäude.
Holzschnitzereien
Zu den bekanntesten Kunstwerken aus Holz zählen die wharenui,
die Versammlungshäuser auf den marae und die waka, die
traditionellen Holzkanus.
Besonders die großen waka taua, die Kriegskanus, sind
reich verziert und stellen an sich schon Kunstwerke dar. Sie werden als heilig
angesehen und sind oftmals auf den marae ausgestellt. Das Fotografieren
dieser Kanus ist nur mit vorheriger Erlaubnis gestattet.
Bild: Detail eines tāhūhū (Firstbalken eines Hauses) des Ngāti Warahoe, Unterstamm des iwi Ngāti Awa in der Bay of Plenty, jetzt im Auckland Museum (Autor: Kahuroa)
Schmuckherstellung
Beliebte Materialien sind Jade (pounamu), Walknochen
oder auch Haizähne. Aus diesen entstehen Anhänger, Ohrschmuck und Haarkämme.
Bild: Anhänger aus Jade (Autor: Sarang)
Rākau Māori – Waffenherstellung
Zu den Waffen, die bei Kapa Haka-Aufführungen Verwendung
finden, gehören:
Taiaha – der Kampfstab. Er besteht meist aus Holz,
teilweise auch aus Walknochen und wird wegen seiner Form fälschlicherweise oft als
Speer beschrieben.
Patu – die Keule. Aus Holz, Stein (patu onewa)
oder Walknochen (patu paraoa) hergestellt, kann man die Schlagwaffe
heute bei vielen Aufführungen sehen. Besonders wertvolle patu werden aus
Jade gefertigt, die mere pounamu, und gelten als Symbol für
Autorität.
Bild: Zeremonialkeule aus Pottwalknochen im Museum Rietberg, Zürich (Autor: Andreas Praefcke)
Tā Moko – Die Tätowierungskunst
Ursprünglich waren die Tätowierungen der Māori eine
Signalisierung der Herkunft (whakapapa) und Geschichte des Trägers,
sowie seines sozialen Rangs und seiner Fähigkeiten. Heute gibt es neben den
traditionellen Mokos auch immer mehr reine Tattookunst basierend auf
Māori-Mustern, die speziell unter Pakeha und Touristen beliebt ist. Diese
moderne Form der Mokos wird in Abgrenzung zu den traditionellen Mustern als kirituhi
oder Körperkunst bezeichnet.
Typische Körperstellen für Mokos sind das Gesicht und die
Oberschenkel, aber auch Rücken, Bauch und Oberarme werden genutzt. Frauen tragen
traditionell ein Gesichts-Moko (moko kauae) auf den Lippen und dem Kinn.
Lange Zeit waren die Mokos immer seltener geworden, da sie
in einer europäisch dominierten Gesellschaft viele Probleme verursachen
konnten. Aber seit den 90er Jahren tragen die Māori immer öfter Mokos, nicht
zuletzt aufgrund des steigenden Selbstbewusstseins und der Rückbesinnung auf
ihre kulturellen Werte.
Bild: Tame Iti bei der Gallerieeröffnung Explosive Expression im Oktober 2009, Thistle Hall, Wellington; Autor: Stuart Yeates CC BY-SA 3.0 GFDL
Heutzutage verwenden die meisten Tā Moko-Künstler moderne Tätowiermaschinen.
Einige wenige halten aber an der alten Tradition fest, dafür spezielle Meißel (uhi)
zu benutzen und bieten beide Tätowierungsmethoden an. Vor den Europäern war es
üblich die Tätowierungen quasi in die Haut zu meißeln, wodurch die Muster ein
vernarbtes Aussehen erhielten. Eine bekannte Tā Moko-Künstlerin, die noch mit
einem Meißel arbeitet, ist Henriata Nicholas aus Rotorua. Ihre Kunstwerke
entstehen ganz auf traditionelle Weise erst nach wochenlangen (teilweise auch
jahrelangen) Gesprächen mit dem Kunden über seine Herkunft und Geschichte,
bevor sie diese auf der Haut verewigt.
Text: Jacqueline Held